Gedenkstättenfahrt zum Frauen-KZ Ravensbrück 05.07.2024 bis 07.07.2024
„Zusammengepfercht, wie die Heringe in der Büchse“, „Da ist ein Gang, wo man reinging und nicht rauskam. Wir hörten Schüsse“, „Wir waren ja keine Menschen für die SS“ - So unvorstellbar wie diese Zitate von Zeitzeugen auch klingen mögen - für Millionen Frauen, Jugendliche, Kinder und Männer war dies zwischen den Jahren 1939-1945 die bittere Realität unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Millionen Menschen starben. Unvorstellbar ist vor allem, dass sich sowas vor nicht einmal 100 Jahren mitten in Europa abspielte.
Was sich bis vor 79 Jahren abgespielt hat, darf in keiner Form wieder passieren.
Um uns unserer zivilgesellschaftlichen Verantwortung in Zeiten des erstarkenden Faschismus bewusst zu werden und mehr über die abscheulichen Taten der Nazis zu lernen, fuhren wir, mit Unterstützung des Fanprojekts Leipzig, am 06.07.2024 in den Norden Brandenburgs zur Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. An der Gedenkstätte angekommen, war es ein Panzer der Roten Armee, welcher an die Befreiung durch das sowjetische Heer erinnern soll, der uns ins Auge stach. Wichtig zu erwähnen ist, dass das KZ Ravensbrück überwiegend ein Frauen-KZ gewesen ist. Dass ein Lager, welches von SS-Leuten geleitet wurde, überwiegend weibliches Personal beherbergte, war höchst ungewöhnlich für ein Konzentrationslager seiner Zeit und ist darauf zurückzuführen, dass das KZ Ravensbrück ein Frauen-KZ war. „Aufseherinnen“ oder „Wärterinnen“ wurden sie genannt. Diese waren direkt vor dem Lager in Häusern untergebracht, in denen sich heute Jugendherbergen oder auch Räume für die politische Bildung und geschichtliche Aufarbeitung befinden. Das Gelände, das nach dem 2. Weltkrieg von der Sowjetunion als Übungsplatz für die Armee genutzt wurde, lässt heute kaum auf das ehemalige KZ schließen. Die ehemaligen Wohnbaracken sind lediglich über die Einkerbungen im Boden zu erahnen.
Nichtsdestotrotz war es eindrucksvoll - und gleichzeitig erschreckend, wie groß dieses Gelände gewesen sein muss. Jener Boden, welcher 79 Jahre zuvor noch die Entmenschlichung, Misshandlung und systematische Ermordung von Menschen zuließ? Diese Entmenschlichung begann für die Häftlinge direkt nach ihrer Ankunft. Die Haare wurden abgeschnitten, Frauen und Kinder mussten sich vor der gaffenden SS entblößen und alle persönlichen Gegenstände ablegen.
Gierig und verstörend – so lassen sich viele Großunternehmen zur Zeit des Nationalsozialismus beschreiben.
Auch im KZ Ravensbrück gab es jene Großindustrielle, denen die Verbrechen der Nazis egal waren. So wurden 1942 am KZ-Ravensbrück die Fertigungsbaracken von Siemens & Halske errichtet. Besonders abscheulich blieben zudem die Experimente an den KZ-Häftlingen in Erinnerung. Im KZ Ravensbrück wurde an Menschen die Wirksamkeit von Antibiotika getestet. Dazu haben die Nazis den Häftlingen kriegstypische Wunden zugefügt und diese mit Splittern verunreinigt. An den Wunden wurde im Anschluss die Wirksamkeit des Medikaments getestet - viele starben dabei. Mit zunehmender Überlastung des Lagers in den letzten Kriegsjahren wurden die Bedingungen für die Häftlinge zunehmend schlechter. Krankheiten breiteten sich aus, Hygiene war ein Fremdwort und nur unzureichend Nahrung vorhanden. Im Jahr 1944 wurde ein Zelt errichtet, in das tausende Frauen wie Tiere eingepfercht wurden. Ein weiterer erschreckender Aspekt waren die sogenannten „Lagerbordelle“. Diese Bordelle befanden sich innerhalb der Konzentrationslager. Die Frauen mussten dabei im Durchschnitt zehn Männer am Tag „bedienen“.
Mit zunehmender Überlastung wurden immer mehr kleinere Außenlager errichtet. Eines davon war das Außenlager in Leipzig-Schönefeld, welches dem KZ Ravensbrück zugeordnet war. Das Lager „HASAG Leipzig“ wurde hauptsächlich für die Zwangsarbeit genutzt. Aufgrund der schlechten Bedingungen starben dort jedoch auch hunderte Menschen. Da das KZ Ravensbrück kein Vernichtungslager war und keine Gaskammer besaß, wurden bis Februar 1945 die „ausgemusterten“ Häftlinge in Vernichtungslager wie Auschwitz, Sachsenhausen oder Buchenwald gebracht. 1945 wurde dann im KZ Ravensbrück eine provisorische Gaskammer errichtet, in der bis Ende März 2.400 Menschen ermordet wurden.
Im April 1945, kurz vor Kriegsende, wurden 20.000 Menschen aus dem KZ Ravensbrück auf Todesmärsche in Richtung Ostsee geschickt. Diese Menschen waren völlig unzureichend bekleidet, unterernährt und psychisch stark belastet, sodass viele auf dem Weg starben. Ziel dieser Todesmärsche war es, die Befreiung der Menschen zu verhindern. Am 30. April 1945 wurde das KZ Ravensbrück von der Roten Armee befreit. Zeitzeugen berichten, dass das Lager auf den ersten Blick wie leergefegt schien. Schnell wurden jedoch die 2.000 schwerkranken Menschen in den Baracken entdeckt, die zum Sterben zurückgelassen worden waren. Viele von ihnen starben kurze Zeit später an den Folgen der nationalsozialistischen Verbrechen.
Der Nationalsozialismus beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Konzentrationslager.
Jede Gesellschaftsschicht, jede Stadt und auch viele Sportvereine, darunter Fußballvereine, waren betroffen.
Der Nationalsozialismus definierte sich insbesondere über den Sport und Sportveranstaltungen. Viele Spuren sind bis heute zu finden. Das Olympiastadion, Spielstätte von Hertha BSC und Austragungsort des Pokalfinals, wurde 1936 zu den Olympischen Spielen in Deutschland eröffnet, um die vermeintliche Weltoffenheit Nazideutschlands zu demonstrieren. Auch in unserer Messestadt gab es Pläne für solche Bauwerke. Auf dem Gelände des Sportforums sollte einst das Adolf-Hitler-Stadion errichtet werden. Durch den Kriegsbeginn 1939 kam es jedoch nie dazu. Auch auf dem Gelände am Cottaweg hinterließ der Nationalsozialismus seine Spuren. Während des Zweiten Weltkrieges wurden dort keine Kleinmessen veranstaltet, sondern Barackenlager für Zwangsarbeit errichtet.
Das, was damals geschah, darf sich in keiner Form jemals wiederholen. Es ist an uns, an allen Antifaschisten und anständigen Menschen, rechtsradikalen Akteuren entschieden entgegenzutreten. All jenen, die Unsagbares wieder sagbar machen wollen und die abscheulichen Taten des NS-Regimes relativieren, muss aufgezeigt werden, dass ihr Vorhaben nicht unwidersprochen bleibt.
„Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen“.
Nie wieder ist jetzt! Niemals vergeben – Niemals vergessen!